Warum in die Ferne schweifen …

Das Wandern ist des Müllers Lust.
Die des Aschenbrenners eher nicht.

Trotzdem habe ich mich am Samstag aus meiner Schreibtischlerei bewegt. Erst zu einem Recherche-Termin in Neudietendorf. Da traf ich auf einen ähnlich schrägen Vogel wie mich – Gruß an Alex B.! Schön, dass man nicht der einzige Alien ist …

Darüber könnte eigentlich auch im „Oscar“ zu lesen sein, wenn der große Maik es mag. Ich werd’ ihn mal fragen :-)!

Auf der Heimfahrt umgarnte mich dann der Herbst mit seiner verschwenderischen Farbenpracht und deshalb erkor ich den Krahnberg zum Sehnsuchtsort meines freien Nachmittags. Ist ja schließlich einer meiner Lieblingsorte in Gotha!

Auf den Tag genau vor 22 Jahren war ich das erste Mal dort. An meinem ersten arbeitsfreien Wochenende in Gotha folgte ich dem Rat meiner Herbergsmutter. Mein sonnenblumengelber „Wartburg“ zweitaktete die Holterdipolter-Bahn hoch. Kalt war es und der 1990er Herbst hatte Nebelschwaden in die schon überwiegend kahlen Bäume gewoben. Eigentlich kein Ausflugswetter, aber ich erinnere mich vor allem daran, dass da oben frische Luft war. In der Stadt hing zu dem Zeitpunkt meist tags wie nachts der Brandgeruch bröckliger Braunkohle-Briketts. Schaue ich mir meine alten Schwarz-Weiß-Fotos an, vermeine ich, dass mir dieser widerliche Smog noch immer in die Nase fährt …

Ganz anders nun dieser Tage. Nicht nur, dass es ein Prachtwetter war. Selbst ich oller Frierkater verzichtete daher auf eine wärmende Jacke. ’nen vorgezogenen Goetheschen „Osterspaziergang“ konnte man am „Berggarten“ erleben. Lachende, tobende Kinder allerorten. Meist entspannte Erzeuger an den Tischen, sich das eine oder andere Getränk einhelfend.

Am Bürgerturm fanden sich weitere Sonnenanbeter. Ganze Familienverbände enterten zudem die 158 Stufen, um 35 m höher einen phänomenalen Ausblick haben zu können. Man kann Reinhard Bechmann und den anderen vom Bürgerturmverein Gotha e. V. nicht oft genug danken für Ihr Engagement!

Kreuz und quer kann man über den Krahnberg wandern! Die Pfade sind allerdings nicht ausgeschildert. Die in den 1990er-Jahren aufgestellten grün-weißen Wegweiser scheinen nahezu komplett Opfer der Zerstörungswut geworden zu sein. Ich prügle mich nicht gern … Aber manchmal wünschte ich mir, einen solchen Blödmann auf frischer Tat ertappen zu können.

Zudem hat der Forst manchen Pfad zur gewaltige Schneise aufgeweitet. Die Radfahrer wird’s freuen. Jene, die sich lieber durch den Wald schlängeln, nicht.

Übrigens: Wer sich vorm Verlaufen sichern will, muss nicht Brotkrumen streuen. Vielmehr sind die exzellenten Wanderkarten von Manfred Müller und Klemens Riechert sehr zu empfehlen! Auf deren Homepage bieten sie sogar hoch aufgelöste PDF zum Download. Hm; Jungs: SO wird das aber nichts mit der nächsten Million, oder?

Ist Gotha nicht im Grunde gesegnet mit einem landschaftlich schönen Umfeld?!? Schade nur, dass nach meinem Geschmack zu wenig Kapital daraus geschlagen wird. „Gotha adelt“ sich bei dem Thema jedenfalls nicht. Vielleicht sollten die städtischen Marketing-Kings und –Queens um Torsten Kunz mal einen wunderbaren Wandertag einlegen? Ich wäre jedenfalls dabei! Das wäre allemal Stoff für eine klasse Reportage!

Und ich habe mir am Samstag vorgenommen, bei meinem nächsten kreativen Reißaus in der näheren Umgebung zu bleiben. Rügen werde ich nicht untreu. Aber mal ehrlich: 7 Stunden Fahrt, mehr als 600 km und das bei den Diesel-Preisen?

Warum also in die Ferne schweifen?
Gotha liegt so nah.

Seit Dezember 2002 erscheint im “Oscar am Freitag” in der Lokalausgabe Gotha am jeweils letzten Freitag im Monat meine gedruckte Kolumne – “Der Aschenbrenner hat das Wort”; die hier auch anschließend veröffentlicht wird.

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