Das Wort zum MUTwoch (49): Ultima Fell(r)atio

„Die unendliche Geschichte“ der Aschenbrenners hat Fell. Schier symbiotisch ist das Verhältnis dieses Clans zu seinen Katzen. Und daher auch des Bemerkens wert.

Meine „Oscar“-Kolumne im Dezember vor zehn Jahren über Willi, die Stubenschwuchtel, war ein erster publizistischer Versuch, sich diesem Phänomen zu nähern. Damals überwog bei mir noch die Skepsis und ich blieb auf Distanz zu den Stubentigern. Deshalb vor allem, weil Katzenhaare stets nur an meinen Anziehsachen hafteten.

Das änderte sich 2005 auf einen Schlag: Die Katz’ meiner schönen Schwägerin hatte sechsfachen Nachwuchs und allesamt rotfellig. Damals tapste eines dieser Faustvoll maunzend in meine Richtung. Da war’s um mich geschehen. Seither sind Louis und ich ein Herz und eine Seele.

Nun ist er zum dritten Mal umgezogen. Schon ein Ortswechsel kann ein Katzengemüt restlos aus der Balance bringen. Die Umsiedlung von Saalfeld nach Waltershausen vor nahezu acht Jahren hatte die Rothaut verpennt, sich dann im Schwanzumdrehen ans neue Daheim gewöhnt. Doch schon die Verschiffung nach Gotha zwei Jahre später, in die Mönchelsstraße, machte ihm echt zu schaffen …

Nun also die Herausforderung Helenenstraße.

Doch nicht der Katzek, sondern ich lege von Anfang an ein merkwürdiges Verhalten an den Tag: Umzug ist immer Stress. Ein- und auspacken, hin- und herräumen. Das schlaucht. Wage ich daher ein Kurzzeit-Couching zum Entspannen, geruht Louis, sich auf meinen Oberschenkeln niederzulassen. Dann traue ich mir keine Lageänderung mehr zu, nehme eingeschlafene Gliedmaßen in Kauf. Nur, um die Samtpfote nicht zu stören.

130107 PARO 001Ich habe ihm mit Decken mehrere Kuschelecken geschaffen. Schläft die Rothaut dann dort, schleiche ich durch die Räume, vermeide jeden Lärm. Natürlich verwöhne ich den haarigen Hausgenossen mit diversen Leckerli. Mein Kühlschrank war noch gähnend leer, da stand schon die 14-Tage-Dosen-Dosis seines Lieblingsnassfutters griffbereit.

Und er dankt mir meine Liebesbeweise auch: Sitze ich am provisorischen Schreibtisch, platziert er sich auf dem daneben stehenden Stuhl, rollt sich mit beruhigendem Schnurren ein und sorgt so bei mir für Tiefenentspannung, die durchaus förderlich aufs kreative Wortdrechseln wirkt.

Welch Wandel! Zu noch nicht so weit zurückliegenden Mönchelsstraßen-Zeiten fuhr ich dem Kater rabiat in die Parade und beendete jede seiner Krallen-Attacken gegen meine Schuhe, die Fototasche, meinen Chefsessel. Jetzt zeige ich Langmut. Versuchte sogar mit Baldrian-Spray, ihm einen extra gekauften Kratzbaum schmackhaft zu machen. Und es bricht mir schier das Herzilein, gehe ich aus dem Haus und Louis schaut – hinterm Fenster und zurückgelassen – mit großen, traurigen Katzenaugen hinter mir her.

Auch deshalb trainiere ich nun mit dem knuddeligen Kerl den Freigang. Bisher war Louis nämlich ein Haus- und Hofkater und unumstrittener Herrscher des Quartiers. Einzig Seydels Kamikaze-Wuff, ein Jack Russel namens Anton, machte ihm das Revier streitig.

Hier nun in der Helenenstraße ruht ein großer, gemütlich anzuschauender Golden Retriever in Sichtweite. Bisher ein offensichtlich überzeugender Grund, dass Louis sich kein Auslauf genehmigt. Wohl aber auch ein bissel, weil ich sein stets dienstbereiter Dosenöffner bin, dem verwöhnten Vieh scheinbar jeden Wunsch von den grün-golden funkelnden Guckern ablese.

Aber daran werden wir arbeiten.
Es muss ja schließlich auch so etwas wie die ultima Fell(r)atio für umzugsgeschädigte Katzeks – und deren Herrchen! – geben …

Seit 29. Februar 2012 gibt es “Das Wort zum MUTwoch” in der

Außerdem erscheint seit Dezember 2002 im “Oscar am Freitag” in der Lokalausgabe Gotha am jeweils letzten Freitag im Monat meine gedruckte Kolumne – “Der Aschenbrenner hat das Wort”; die hier auch anschließend veröffentlicht wird.

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