Das Wort zum MUTwoch (17): Lichtmalereien

100 Jahre, einen Monat und acht Minuten brauchen Photonen – jene Teilchen, die wir als Licht wahrnehmen -, um hier auf Erden anzulangen. (1)

Das kann ich klugscheißern, weil nicht nur Lesen bildet, sondern auch Fernsehen: Vorige Tage, beim Endorphin-Produzieren auf dem Stepper in meiner Muckibude des Vertrauens, sah ich auf N24 eine Doku über unser Zentralgestirn. (2)

Die Astronomen und Physiker, die da vor die Kamera traten, berichteten wirklich Erstaunliches. So herrscht beispielsweise im Sonneninneren ein solcher Druck, den eine Stecknadelspitze ausüben würde, lastete das Gewicht der Cheops-Pyramide auf ihr. (3)

Am meisten aber regte meine Fantasie eben diese „Laufzeit“ jener Photonen an, die unser Leben erhellen. 100 Jahre, ein Monat und acht Minuten waren also auch nötig, um jenes Rohmaterial zu beschaffen, einen ganz besonderen Aschenbrennerischen Augen-Blick festzuhalten.

Weshalb ich den Hut vor Livia Schilling ziehe. Meine Kollegin brachte gestern Außergewöhnliches mit diesen Teilchen zustande, die irgendwann Anfang Mai 1912 entstanden: Sie hat damit vom Mundwerker und Schreibtischler ein Bild „gemalt“.

„Na und?“ So wird jetzt mancher denken. MANCHE eher nicht. Frauen sehen das fotografiert werden aus Erfahrung ebenso problematisch und als Herausforderung wie ich. Dazu aber keine weiteren Details. DAS sprengte dann selbst den Rahmen dessen, was ich in Worte fassen kann 🙂

Wie dem auch sei: Livia lichtete mich also ab. Als Freundschaftsdienst und weil ich für die Kolumne im „Oscar“ dringend ein neues Bild haben wollte.

Das brauchte seine Zeit, einen Kostümwechsel, das Abnehmen und Umhängen von Spiegeln und Bildern und erzeugte daher etlichen Aufruhr in Aschenbrenners Zuhause.

So viel, dass gar unser Hausbesetzer und Gast-Kater das Weite suchte. Freiwillig. Das ist höchst ungewöhnlich, denn „Bommel“, wie unsere benachbarten angestellten Dosenöffner Julius und Tina K. ihn nennen, ist rotzfrech. Auf Versuche, ihn des Platzes zu verweisen, fährt „Horschti“ – wie wiederum wir ihn aus Gründen seines Verhaltens heißen – regelmäßig die Krallen aus. Mein roter revierbesitzender wie sonst eigentlich auch -besetzender Sieben-Kilo-KamiKatzer und ich sind entsprechend gezeichnet.

Nur gut übrigens, dass er sich auch schon mein Weib krallte! Versuchen Sie mal, ihrem Ehe-, Lebensabschnitts- oder sonstigen Partner plausibel zu erklären, woher die Kratzer stammen, die sie neuerdings als blutige Hautzeichnung tragen …

Aber ich schweife ab.

Livia Sch. packte jedenfalls so eine hammergeile Profikamera mit einem mördermäßig fetten und langen Teil vorn dran aus. Eigentlich ein typisches Männerspielzeug. Wie Porsches auch. Mit vergleichbarer öffentlicher Anteilnahme: Während die einen abschätzig von „Erektionshilfen“ reden, schwelgt der eindeutig kleinere Teil in Bewunderung für die ungeahnten technischen Möglichkeiten.

Dagegen kann ich zum Beispiel mit meiner Spielzeugknipse natürlich nicht anstinken. Und zudem ist es nahezu unmöglich, von sich selbst und allein passable Bilder zu machen.

Allerdings – eines gelang mir vor Jahren. Auch wenn etliche meinten, es habe sich eher um eine Aufnahme aus dem polizeilichen Fahndungsfundus gehandelt, gefiel mir diese Variante ausnehmend gut. Nun aber ist das Haupthaar länger, ein anderes Brillenmodell aktuell und auch sonst fühle ich mich nicht mehr so wie damals …

Deshalb erbat ich also Livias Beistand. Und war am Ende zugleich höchst entzückt wie völlig irritiert vom Ergebnis. Das lässt mich nämlich deutlich sympathischer erscheinen, als ich arrogantes, eigenbrötlerisches Miststück im Grunde bin, oder?

P.S.: Auf Nachfrage vermittele ich gern weitere Interessenten an die junge Dame, die übrigens zu ihren schicken Bildern auch noch leckeren Text verursachen kann …

Anmerkungen und Quellen:
1 Wie lange Photonen INNERHALB der Sonne unterwegs sind, bleibt umstritten. Erst seit Kurzem sind Sonnenphysiker in der Lage, ins Zentralgestirn zu „schauen“. Manche Wissenschaftler nehmen an, dass es nicht nur 100, sondern sogar 10.000, gar 10 Mio. Jahre dauern kann.

2 N24 bietet in der Mediathek die Dokumentation „Die Macht der Sonne“ zum Nachschauen: http://www.n24.de/mediathek/astronomie-die-macht-der-sonne_1540319.html

3 Der Wikipedia-Eintrag zur Sonne ist sehr wissenschaftlich formuliert. Ich fand diese Info auf biosphaere.de wesentlich verständlicher.

Mittwochs gibt es “Das Wort zum MUTwoch” im thueringen-reporter!

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