Ab in den Süden!

Dieser Tage: Der Winter hatte Dienst, der Winterdienst nicht. Die Friedrichstraße lockte zum Rodeln. Danach war auch meinem Dieselwiesel. So fiel meine Ausfahrt aus der Helenenstraße unkonventionell aus. Ich rutschte einem Opel-Fahrer in die (Vor-)Fahrt. Der musste bremsen. Zeit für Lichthupe und Stinkefinger hatte er trotzdem.

Ich machte meinen Führerschein im vorigen Jahrtausend. Dennoch weiß ich: Das Verkehrsrecht war auf seiner Seite.

Nur muss man immer Recht behalten, wenn man recht hat?

Gelegentlich treibt es mich nach Südfrankreich, das große Töchting besuchen. Dass ich Deutschland hinter Saarbrücken oder bei Muhlhouse hinter mir lasse, ist sofort zu spüren. Weniger erfreulich, weil auf den Autobahnen alle Nase lang „péage“ – Maut – zu entrichten ist. Aber für die rund 50 Euro, die auf den 600 km fällig werden, bekommt man traumhaft leere Schnellstraßen.

Auf denen tummeln sich auffällig viele Deutsche: Wir wissen eben, dass die Franzosen wissen, wie man das Leben zu genießen hat. Deren „Laissez-faire“ – was man auch als „Leben und leben lassen“ übersetzen könnte –  heißt allerdings auch: Franzosen – wie wohl alle Südeuropäer – verstehen Gesetze, Verkehrsregeln und rote Ampeln höchstens als Angebot.

So ist das Verhältnis der Franzosen zum Blinker eine Geschichte für sich. Entweder sie benutzen ihn gar nicht, weshalb man stets mit Fahrspurwechseln ohne Vorwarnung rechnen sollte. Oder sie lassen ihn über 10 km an und wechseln dann in genau die entgegen gesetzte Richtung.

LKW-Fahrer scheinen weltweit gleich zu ticken: Auch Franzosen setzen zum Überholen an, wenn es bergauf geht. Ich amüsiere mich dann immer über jene Eingeborene, die mit verkniffenem Gesicht ins Lenkrad beißen wollen und für gewöhnlich alle 10,3 Sekunden das Wort „putain“ von sich geben – ein wirklich vulgäres Schimpfwort! -, um ihren Unmut Luft zu machen.

Geht es runter von der Autobahn und rauf auf die verschlungen Landstraßen der südfranzösischen Berge, in die engen Gassen der Altstädte, gilt: Nur Ausländer oder extrem alte Menschen fahren mit gemäßigter Geschwindigkeit. Sich und den mit Sicherheit hupenden Südfranzosen tut man einen Gefallen, ab und an rechts heranzufahren, um jene vorbei zu lassen, die diese Strecken täglich und deshalb viel schneller fahren wollen/können als man selbst.

Vorsicht bei der Vorfahrt! Offiziell gelten die selben Regeln wie hier. Inoffiziell herrscht reinster Darwinismus. Busse und LKW haben (oder besser: nehmen sich) generell Vorfahrt. Danach kommen jene, die mutig einfach Gas geben nach dem Motto „Augen zu und durch!“. Als Letzte fahren Ältere, Mietwagenfahrer (verhasst auf französischen Straßen und an der Kennzeichen-Endung „60“ zu erkennen) und Ausländer.

Man achte auf Motorroller („scooter“) und Fußgänger („pietons“): Erstere meinen, wie Katzen sieben Leben zu haben. Vor allem Pizza-Boten sind Kamikaze-Piloten. Es gilt: „Ausliefern oder sterben.“ Landestypisch die Straße zu Fuß überquert man am sichersten, wenn man weder nach links oder nach rechts schaut. Einfach loslaufen, Franzosen bremsen auch für Deutsche!

Cabries, Südfrankreich, 25. November: Luft 20 Grad, Wasser 16 Grad.
Cabries, Südfrsankreich, 25. November: 20 Grad, Wasser 16 Grad.

Alles entschädigt am Ende aber die Côte d’Azur und die Provence: Ob man am Strand liegt, durch die Mittelmeeralpen wandert, die malerischen Bergdörfer besichtigt, sich in Weingütern labt oder mit den gastfreundlichen und redseligen Einheimischen Kaffee trinkt – Südfrankreich bietet, was das Herz begehrt. So steckt sich selbst ein gestresster Deutscher an der „comme si, comme ça“–Mentalität (frei übersetzt: „Komm ich heut’ nicht, komme ich morgen …“ an.

Hach, ich merke ganz deutlich: So viele Gründe, einfach ab in den Süden zu düsen! Da werde ich meine Pläne ändern und meine nächste Kolumne am Mittelmeer verfassen … 🙂

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