Das Wort zum MUTwoch (78): HalbZeitReisen

Da ist es also wieder: Das Fernweh. Lange hatte ich es verbannt. Aus meinem Kopf. Aus dem Herzen. Sogar aus den Träumen. Passte anscheinend immer nicht, fernwehleidig zu werden: Der Arbeit wegen. Der Familie wegen. Und auch der mangelnden Traute wegen. Vor allem das letzte Jahrzehnt hatte ich dieses Gefühl weggesperrt. Wie man das mit einem unerzogenen Hund wohl tut. Einem, der immer an der Leine zerrt. Frei sein will. Herumrennen mag. Erkunden. Einfach so. Weil es seinem Naturell entspräche. […]


Das Wort zum MUTwoch (58): Sakrileg

Ich kam mir beschissen vor. Ich wollte rumpelstilzen. Für den Fall, mich beobachtet jemand, der mich kennt. Ich wollte im Erdboden versinken. Vor Scham. Weil ich Bücher entsorgte. Wegschmiss. Nicht eines, zwei oder drei. Nein, ich warf sie zu Dutzenden, kilo- und bananenkistenweise Papiertonnen ins hämisch breit grinsende Maul. Verschiedenen. Um der Gefahr des Enttarnt-Werdens, der Blamage, des Skandals zu entgehen: „Die einen ließen Bücher verbrennen. Und jetzt schmeißt selbst der Aschenbrenner welche weg …“ Die abendländische Kultur geht nicht […]


Maetzig, Ulbricht, die Venus und Thälmann

Mein von mir über alle Maßen geschätzter und geliebter Großvater Erich sagte mir einst: „Junge, wenn Dir Haare an Stellen wachsen, an denen Du vorher keine hattest, dann wirste alt …“ Nun; tatsächlich wachsen mir – schon des längeren – Haare an Stellen, über die ich hier und öffentlich nicht spreche. Mit Ausnahme jener Borste, die sich regelmäßig aus meiner linken Augenbraue aufmacht, die Welt zu erkunden … Eine Welt, in der ich trotz baldigem Eintritt ins sechste Lebensjahrzehnt zwar […]