Wo die echten Super-Marios herkommen

Selbstbewusst. Souverän. Stolz. So posiert Mario Brack vor seinem Gesellenstück. „Das hättest Du Dir vor Jahren noch nicht träumen lassen“, fragt eher rhetorisch Hans-Joachim Beder. Der Geschäftsführer des Jugendberufsförderung Erfurt gGmbH (JBF) kennt schließlich die Antwort. Und strahlt mit seinem Schützling um die Wette.

Marios Weg zum Tischlergesellen war alles andere als ein Spaziergang. Dass der ehemalige Förderschüler heute ein beurkundeter Fachmann ist, sogar eine Festanstellung bekam, das hat er Beder und seinem Team zu verdanken. Seit zwanzig Jahren gibt es die JBF. Aktuell lernen hier mehr als 300 Jungen und Mädchen in 25 Berufen. 60 % und mehr von ihnen finden anschließend einen Arbeitsplatz. Keine Zauberei, keine Mauschelei – Beders Rezept: „Wir haben von Anfang an mit vielen Unternehmen kooperiert. Sie bieten uns Praktikumsplätze – dadurch lernen sie unsere Schützlinge kennen.“

Besonderer Zuwendung bedürfen sie natürlich, die Marios dieser Welt: „Als er kam, hielt er immer den Blick gesenkt, hat seine Fußspitzen betrachtet. Kein Wort gesagt. Wirkte eingeschüchtert.“ Neben geduldigen Ausbildern machen Sozialpädagogen, Lehrer sowie psychologische, heilpädagogische und Integrations-Spezialisten ihre Klienten fit fürs wirkliche Leben. Dazu gehören auch die Betriebspraktika „jenseits des Schonraums JBF“, stellt Beder noch einmal heraus.

Mario lernte zunächst Metallbearbeiter. Wurde damit aber nicht warm; sattelte 2007 um. Neues Ziel: der Abschluss als Holzbearbeiter. Bei der Zwischenprüfung glänzte er mit guten Noten, weshalb er die Chance bekam, „richtiger“ Tischler zu werden. Die nutzte er, kniete sich richtig rein. Mit Erfolg.
Deshalb brauchten sich er und sein JBF-Kollege Chris Abendroth auch nicht mit ihren Gesellenstücken verstecken. Weder Laien, noch Prüfungskommissionsmitglied Michael Stachowsky (Foto r.) fanden erkennbare Unterschiede zu jenen zehn anderen, die in der JBF ausgestellt waren. Sie zeigten repräsentativ das Leistungsstand der Erfurter Tischlergesellen des Jahrgangs 2011. Stachowsky, seit einigen Jahren nun schon Prüfer und JBF-Ausbilder, quittierte allen ansprechende Leistungen.

Auch wenn das Einstiegsniveau der Lehrlinge in Sachen Allgemeinbildung Jahr für Jahr nicht nur gefühlt schlechter werde, schafften es die Meister und Ausbilder doch immer wieder, aus den (meist) Jungs wackere Tischlergesellen zu machen. „Wenn die Zahl der Schulabgänger sinkt, wird auch die Auswahl kleiner. Logisch. Die mit den wirklich guten Noten machen Abi, gehen studieren. Die nächst Besseren haben große Auswahl. Da sind Handwerksberufe eher zweite, dritte Wahl“, gibt sich Stachowsky nüchtern, realistisch. Aber auch ein wenig resigniert.

Doch völlig zu Unrecht! Auch die Tischler im 21. Jahrhundert kennen mehr als Hobel und Fuchsschwanz. Moderne Techniken, eine schier unendliche Materialvielfalt, gepaart mit umwerfender Kreativität schaffen maßangefertigte Einzelstücke, Unikate. Daran können sich Kunden ein Leben lang erfreuen …

Aber vielleicht müssten die Profi-Holzwürmer einfach mal selbstbewusster auftreten. So wie Mario Brack: Der 23-Jährige freut sich jetzt auf seinen Job bei der Pranke & Plitt GbR in Erfurt. Bei den anerkannten Spezialisten für Möbelbau und Holzrestaurierung hatte er schon drei Monate auf Probe gearbeitet. Die Chemie stimmt. Und Marios Können passt obendrein.

(Beitrag für die „Deutsche HandwerksZeitung“)

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