„Oscar“-Kolumne: VerHEYzt

„Widersteht nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deine rechte Wange schlägt, dem halte auch die andere hin“ (Mt 5,39)

Trabi-Fahrer sind die Härtesten. Matthias Hey fährt so einen Zwickauer Zweitakter. Und der Gothaer SPD-Mann ist hart. Hart im Nehmen. Wohl aber auch masochistisch.

Aber der Reihe nach.

Erfurt, vorige Woche: Rot-rot-grün setzt zum Schlussspurt auf die Staatskanzlei an. Hey hatte das fragile Bündnis mitgezimmert. Er gewann am 14. September als einziger für die SPD einen Wahlkreis. Souverän dazu. Wohl auch deshalb war er seither Fraktionsvorsitzender. Einer sehr überschaubaren Fraktion. Schließlich büßten die Sozialdemokraten ein Drittel der Wählerstimmen und der Sitze im Landtag ein.

Gerade eben noch stolz auf den Koalitionsvertrag, der unter anderem zwei Juwelen für seinen Wahlkreis enthält, erfährt Hey aus den Medien, dass Christoph Matschie das Fraktions-Steuer übernommen hat und er ins Glied zurückgetreten worden ist.

Klingt komisch, ist aber so: Denn weder hatte der Gothaer seinen Posten geräumt noch gab es eine Neuwahl für die Fraktionsführung.

Aber außergewöhnliche Umstände erfordern eben auch außergewöhnliche Schritte – wie eine gezielt verbreitete Falschmeldung. Das meinen zumindest in Thüringens SPD einige Leute.

Diese außergewöhnlichen Umstände sind seit September bekannt: Der flotte rot-rot-grüne Koalitionsdreier hat im Landtag nur eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Matschie sitzt im Landtag. Und sein Mandat wurde sein Faustpfand.

Dem Jenenser lastete man nicht nur in der SPD die Schuld am Wahldebakel an. Dennoch nahm er – wie Hey – an den Koalitionsgesprächen teil. Dort formte er u. a. nach seinen Vorstellungen den Zuschnitt des Wirtschaftsministeriums, das er übernehmen sollte. Um dann neun Tage vor der Ministerpräsidentenwahl zu erfahren, dass er für Wolfgang Tiefensee (SPD) den Hof bestellt hatte.

Der Leipziger Ex-OB, Ex-Bundesverkehrsminister und Ex-Ostbeauftragte der Bundesregierung tauchte scheinbar wie Kai aus der Kiste auf. Zweifel sind erlaubt. Angeblich soll schon drei Wochen vorher die Katze im Sack gewesen sein.

So vorgeführt, stellte Matschie jede Mitarbeit und jede Kommunikation mit seinen Genossen ein. Dies wiederum bedeutete „Alarmstufe Rot“ für die neue Parteispitze.

Matschie musste abgefunden werden. Doch Ministerposten waren keine verfügbar, Staatssekretär wollte er nicht sein. Auch in Berlin oder Brüssel ließ sich auf die Schnelle nichts finden.

Blieb nur der Vorsitz der Fraktion. Und damit kam Hey ins Spiel: Er hatte mehrfach erklärt, dass ihm das große Ganze wichtiger sei, er nicht nach Ämtern strebe. Also bewies er Loyalität, Parteidisziplin und auch menschliche Größe. Er sandte via Andreas Bausewein, dem neuen Parteivorsitzenden und Verhandlungsführer, Friedensbotschaften an den schmollenden Matschie. Der aber lehnte ab. Für Hey schien die Sache erledigt. Bis er erfuhr, dass er zurückgetreten worden war.

Derweil hat Matschie verzichtet.

Dennoch: Wann klar ist, welcher Spatz da von welchem Ministeriumsgebäude die Falschmeldung pfiff, welche Geisterfahrer dafür die Strippen zogen, ist nur eine Frage der Zeit. Passiert das, erlebt die neue Landesregierung ihren ersten wirklichen Härtetest.

Diese Doppel-Intrige stellt die Berechenbarkeit der Thüringer SPD infrage. Sie reißt alte Wunden und Gräben wieder auf. Parteiaustritte wegen der Koalition gab es schon. Nun könnten welche folgen, weil dafür jemand verHEYzt werden sollte.

Friede, Freude, Eierkuchen ist nicht. Deshalb wächst nicht einmal bis zur nächsten Landtagswahl darüber das Gras des Vergessens. Geht das nächste Drittel Wähler von der Fahne, folgt die SPD der FDP.

Und ist dann mal weg.

(bearbeitete Kolumne, veröffentlicht im “Oscar am Freitag”, Ausgabe Gotha, am 12. Dezember 2014, S. 8)

0 Comments

  • Andreas darr (#)
    17.12.2014

    Genau so,SPD wählen warum ? Wenn ich die SED ,PDS ,Linke wählen will dann mach ich das direkt .Einen Steigbügelhalter wozu sich die Verräterpartei nicht zu blöde ist ,wird dann nicht mehr gebraucht.
    Mir ist einfach nur schlecht.Nicht nur das die Linken an der Macht sind ,sie haben ja ein mehr als doppelt so großes Ergebnis eingefahren,sondern weil mit Hilfe der SPD der Wille des Wählers auf den Kopf gestellt wird und damit zum Verlierer degradiert wird ,denn die Grünen hat er auch nicht gewählt und die haben nun 2 Ministerposten.Was für eine Vorstellung.Ich wünsche der SPD von ganzem Herzen den Weg der FDP.

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