Das Wort zum MUTwoch: Zähne zeigen

Meine Großmutter Alexandrine meinte immer: „Geld verdirbt den Charakter.“ Wohl ein Grund, warum sie es postwendend ausgab – hatte sie welches. Besser gesagt: Sie investierte es. Unter anderem in mich, ihren hosenscheißrigen Enkel (Foto von 1968) und deshalb in Marzipankartoffeln oder die kleinen Zartbitterschokolade-Täfelchen der Marke Zetti …

Geld verdirbt den Charakter. Volksvollmundig ist’s schnell behauptet. So vorurteilsgeschwängert, lässt sich Sozialneid schüren, die Lufthoheit über Stammtischen – und auch beim Wahl“kampf“ – sichern.

Doch was sagt die Wissenschaft?

US-amerikanische Sozialforscher machten jetzt die Probe aufs Exempel und sieben Experimente. Ihre Studie erschien im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“. SPIEGEL online sei Dank muss man aber nicht Psychologie studiert haben, um zum Kern ihrer Erkenntnisse vorzustoßen. Zu übersehen war der Artikel obendrein nicht: Leseanreizend titelten die Hamburger „Reichtum fördert Unmoral“.

Paul Piff und seinen Kollegen von der University of California in Berkeley fanden heraus: Überdurchschnittlich oft gehören Verkehrsrüpel, Leute mit Abzocker-Mentalität, Großmäuler und Prahlhänse höheren sozialen Schichten an.

Die gute Nachricht von Piff & Co.: Sie können aber nichts dafür. Auf dicke Hose machen, Gier und Großmannssucht werde in solchen Kreisen eher positiv gesehen. Das sogen sie sozusagen mit der Muttermilch auf.

Nun wären Piff & Co. aber keine Sozialwissenschaftler, schöben sie kein „sowohl als auch“ nach: Laut SPIEGEL online räumen sie nämlich ein, dass Großverdiener dennoch großherzig sein können – man denke nur an Bill Gates und dessen Stiftungen, die Milliarden schwer seien. Und zudem könne man schlechte Manieren auch ohne ausreichende Deckung des Bankkontos haben.

Und was sagt mir das? Um mal unseren großen Dichterfürsten Goethe im Original zu zitieren: „Da steh ich nun, ich armer Thor, Und binn so klug als wie zuvor.“ (Faust, 1774)

Was aber macht man mit unangenehmen Zeitgenossen? Sich über sie ärgern? Gleiches mit gleichem vergelten à la „Wie man in den Wald ruft …“? Ihnen ans Schienbein treten, auf die Mütze hauen? Sie ignorieren?

Nicht ohne Grund erkor ich einen Ausspruch Charlie Chaplins zu meinem Lebensmotto: „Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlor’ner Tag.“

Oder auf gut aschenbrennerisch: „Lächeln ist die schönste Art, einander die Zähne zu zeigen.“

Und das tue ich auch. Müssen Sie ebenfalls mal probieren! Sie werden verblüfft sein, welche Wirkung das hat: So mancher, der als Tiger springt, landet dann als Bettvorleger.

Deshalb mein Motto für den ersten MUTwoch: Zeigen Sie Zähne!

(Mittwochs gibt es „Das Wort zum MUTwoch“ im Blog vom thueringen-reporter)

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