Das Wort zum MUTwoch (77): Schnitt im Schritt

Seit Montag habe ich seltsame Bilder im Kopf.

Nagele ich mit meinem Dieselwiesel durch die Gegend, läuft in meinem Autoradio „DeutschlandRadio Kultur“. Zum einen, weil die Musikauswahl anders ist als jene im Dudelfunk, der gerne von seinen Macher als „Formatradio“ schön geredet wird. Beim DR Kultur hört man zudem intelligente, lehrreiche und trotzdem unterhaltsame Wortbeiträge.

Montag ging es ums Brötchen. Nicht jenes knusprige Teigteil, das mir der Bäcker übern Tresen reicht. Vielmehr verirrte sich und verwirrte mich Thilo Jahn. Der Kerl machte sich am frühen Vormittag auf, „Feuchtgebiete“ zu erkunden. Nicht jene von Charlotte Roche und beschrieben in ihrem wohl platzierten kleinen Skandal-Manuskript von 2008 bzw. dem Film dazu, der ab Donnerstag die Kino-Hitliste stürmen wird.

3785d0b0485910befcbc026a7bef01acv1_max_440x330_b3535db83dc50e27c1bb1392364c95a2Jahn hatte den Schnitt im Schritt im Blick – eine sehr spezielle Schönheits-Chirurgie. Zugegeben: Ich weiß schon, dass manche Frauen sich nicht nur Nasen. Lippen, Brüste etc. richten oder an Problemzonen Überschüssiges absaugen lassen. Dass auch im Schambereich geklempnert werde, hörte ich aber bisher vornehmlich aus den USA. Oder von Porno-Starlets.

Jetzt also soll es ein deutsches Massenphänomen werden: Verlässliche Statistiken finden sich (noch) nicht. Auch, weil Krankenkassen die anschwellende Vulva-Wahnsinnswelle beargwöhnen und selten nur zuzahlen oder gar ganz die Kosten dieser Scham-Skulpturen übernehmen. Offiziell seien es derzeit nur 7.000 solche OP.

Angeblich aber erwäge jede 5. Frau, sich unters Messer legen zu wollen. Branchenkenner schwadronieren deshalb schon übers „Brötchen-Backen“ (wegen der angeblich bevorzugten Form) als neuen Boom. 2012 jedenfalls wollen Genital-Gestalter in Deutschland mit rund 10.000 Eingriffen einen Umsatz von etwas mehr als 10 Mio. Euro gemacht haben. Sicher noch nicht DER Brüller: Allein doppelt so viele Brustvergrößerungen gab es im Vorjahr. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Was mir aber nun durch den Kopf ging:
1. Nennen Beschäftigte künftig ihren Chef einen „Brötchengeber“, wird das dann ein sexistische Beleidigung, auf die die fristlose Entlassung folgt?
2. „Kleine Brötchen backen“ kommt bestimmt sofort auf den Index, weil die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien dahinter einen pädophilen Ansatz vermutet.
3. Nur gut, dass in Gotha die „Brötchen-Taste“ an den Parkautomaten eine neue Bezeichnung bekam.
4. Ich werde künftig mir dreimal überlegen, ob ich zu dieser oder jenem gehe und anbiete, „Brötchen“ mitzubringen.
5. RTL 2 startet dieses Jahr sicherlich die Soap „Muttermund tut Schönheit kund“.
6. Und wenn dann massenhaft öffentlich Schamlippenbekenntnisse abgelegt werden, dauert es auch nicht mehr lange und die ersten besonders taffen Kerle lassen sich ihre Nasen vergrößern…
7. Wer wird sich noch trauen, das niederländische Sprichwort zu zitieren: „Het leven is geen zoete krentenbol. – Das Leben ist kein Rosinenbrötchen“?
8. Ich bin nachträglich stark irritiert von meinem deutsch-amerikanischen Freund. Der pflegte nämlich stets zu sagen: „Man kann alles essen, solange es unter Ketchup begraben ist oder zwischen zwei Brötchenhälften klemmt.“
Ich denke, das genügt für lang haltendes und bizarres Kopfkino, das auch kein Gedanke an süße Hundewelpen verdrängen wird…

death-becomes-her-4590-16x9-largeVielleicht hilft aber Hollywood-Regisseur Robert Zemeckis (u. a. Forrest Gump, Falsches Spiel mit Roger Rabbit, Zurück in die Zukunft etc.)? Der gab schon vor 21 Jahren zu diesem Thema seinen filmischen Kommentar. Den sollte man(n und frau) sich antun. „Der Tod steht ihr gut“ ist nämlich eine so schwarze wie charmante und witzige Komödie über den Schönheits-Wahn. Sie ist nicht nur wegen des exzellenten Schauspieler-Ensembles mit Meryl Streep, Goldie Hawn und Isabella Rossellini (supersexy als leichtbekleidete Hexe, die Zaubertrank verkauft!) und einen noch (kopf-)behaarten Bruce Willis sehenswert.

Und hier kann man gern den Beitrag von DR Kultur nachhören!

Seit 29. Februar 2012 gibt es “Das Wort zum MUTwoch” in der

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