Das Wort zum MUTwoch (34): Apostrophokalypse

„Der Abgewandte“ heißt der kleine Strich, das hochgestellte Komma, der Apostroph im Altgriechischen. Lateiner nennen den smarten Winzling „apostrophus“. Das belegt, aus welcher Sprache wir uns dies Wort geliehen haben.
120526 Andrea'sAn dem kleinen Strich scheiden sich die Geister – obwohl er den meisten Mitmenschen deutscher Zunge am Popo vorbeigeht. Überschaubar viele verwenden ihn. Zumindest ab und zu. Ab und an dann sogar korrekt. Wobei: Was ist das schon heutzutage?

Dennoch bekommen solch krümelkackende Klugscheißer wie ich Schnappatmung, wenn dies Strichlein missbraucht wird. Jene, die mich näher kennen – oder aufgrund einer eben jener Häkchen-Hakelei kennen lernten –, wissen um diese Marotte. Und dass ich mit Herzblut für den kleinen Wicht streite.

Die größte Schmach im Kampf um das Existenzrecht des Apostrophs versetzte mir jedoch ausgerechnet die Duden-Redaktion. In der aktuellen, seit 2009 verbreiteten 25. Ausgabe, steht zunächst völlig korrekt, dass der Apostroph anzeige, dass in einem Wort Buchstaben ausgelassen werden. Dann aber fallen die Wächter über Einheit und Reinheit unserer Muttersprache ihr in den Rücken: „In vielen Fällen können die Schreibenden selbst entscheiden, ob sie einen Apostroph setzen wollen oder nicht.“

Das aber ist der Anfang vom Ende: Wir haben zwar dank der jüngsten Reform der reformierten Rechtschreibreform das „ß“ nicht ganz an die Modernisierer verloren. Aber doch fast. Ihr nächstes Opfer nun – der Apostroph.

Die Wirrnis im Gebrauch unserer Wörter und der Regeln darüber, wann das Strichlein zum Zuge kommt, scheint auf dem ersten Blick eindeutiger Herkunft: In der englischen Schriftsprache ist der Apostroph gern gesehener Geselle des Genitivs. Wie im Deutschen wird dort nämlich ein „s“ angehängt. Das hält aber – very british! – vornehmen Abstand vom Wortstamm dank des niedlichen Häkchens.

Dieses, den Genitiv begleitende Hochkomma war allerdings auch in der deutschen Sprache bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts schwer in Mode. 1901 erst machte die Sprachinstanz Duden einen Haken an den Haken.

121013 Rügen 168Jetzt also, 108 Jahre danach, „Kommando zurück!“ Jetzt also darf’s Rainer’s Geldsack oder Andrea’s Friseursalon sein. Deshalb zuckt kein Korrektor mehr und zückt den Rotstift, wenn geschrieben steht: „Wie gehts? Nimms leicht! Hats geschmeckt?“

So stehts also jetzt geschrieben. Habt Ihrs kapiert? Sagts mir!
Ich aber machs lieber weiter nach den alten Regeln.
Hols der Teufel!

Und die Duden-Ausgabe Nr. 26 werde ich mit Missachtung strafen.
So!

 

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