„Löwen“stark: Menüs mit Mus und Malz

Pflaumenmus ist ein Muss. Wenn man in Mühlhausen ist. Und erst recht, isst man hier – zum Beispiel im „Brauhaus Zum Löwen“. Denn dort kommt der leckere Brotaufstrich zu gänzlich neuen Ehren.

140303-mhl-pflaume3-tnKoch Steffen Luhn (Foto o., l.) vermählt ihn mit einer anderen Thüringer Legende. Dem Kloß. Traditionalisten zum Trotz macht der kartoffelige Rundling so eine neue kulinarische Karriere – als Nachspeise (Foto r.). Er wird zwar nach altem Brauch gekocht – nicht aber, ohne ihm zuvor eine eiskalte Füllung zu verpassen. Ist der Kloß ganz und gar gar, wird er in Amarettini-Splittern gewälzt. In frischem Joghurt gebadet und von knackigen Waldbeeren umzingelt, kommt er auf den Tisch. Des Kloßes Kern – dieses pflaumenmusige Geheimnis – offenbart das Thüringer Status-Symbol dem Feinschmecker dann beim Anlöffeln. Das ist echt kloßartig!

Nun ja; alle wollen schließlich besonders sein. Das „Brauhaus zum Löwen“ ist es aber in der Tat.

Als dessen Mauern nach einem Stadtbrand vor über 300 Jahren errichtet wurden, beherbergten sie zunächst eine der drei Mühlhäuser Apotheken. Über die Zeiten kamen andere Nutzungen dazu, die das Haus prägten – und an seiner Substanz zehrten.

Mit viel Respekt vor seiner Geschichte begann nach der Wende sein jüngstes Kapitel. Familiären Wurzeln sei dank, entstand in nur 150 Tagen Bauzeit die neue gute Stube der Gastlichkeit.

Und dort braute sich von Anfang an was zusammen. Gänzlich ungefiltert und deshalb umso bekömmlicher gibt es Blondes und auch ein kleines Schwarzes. Braumeister Bernd Heinz hat aber noch mehr auf der Würzpfanne. Der gebürtige Lahnsteiner zaubert dann Exklusives wie Rauchbier oder Spezialitäten mit Brombeergeschmack. Jüngste Hopfen-und-Malz-Kreation – wen wundert’s? – wird ein Pflaumenbier sein.

Dem edlen Gerstensafte wegen bekam die original restaurierte Vorderfront des „Löwen“ auch sein „Krönchen“: Irgendwo mussten schließlich die Malzsäcke hin. Die stapeln sich nun hinter der himmelwärts strebenden Gaube auf dem Dach (Foto o.).

Gute Gastlichkeit spricht such herum. Und deshalb erweiterten die „Löwen“ stetig ihr Revier. So bekam Mühlhausen nun auch noch einen „Leo“. Das ist Club und Bar, Lounge und Erlebniskneipe in einem. Über 500 Gäste fänden dort und im Stammlokal Platz und dazu eine fürstliche Bewirtung. Dass die Küche ausgerechnet im einstigen Gift-Kabinett residiert, ist dabei eher ein gutes Omen.

Stammgäste lieben die urige Atmosphäre, das familiäre Klima. Ralf Langer lebte deshalb sogar über Jahre hier. Das Personal nennt ihn beim Vornamen. Der Heilbronner hat für jeden ein freundliches Wort. Hier ist man nicht nur Gast. Hier kommt man her, „um Freunde zu besuchen.“ So sieht es „der Schwab’“, wie sie ihn hier nennen.

Der quirlige Motor hinter allem heißt Marco Fongern, Jahrgang 1974 (Foto o., r.). Der gebürtige Mühlhäuser („Was sonst?“) ist Betriebsleiter, Hotelchef – und die letzte Instanz, soll die Speisekarte den nächsten Kick bekommen. Erst wenn des Küchenchefs Kreation Fongerns Gaumen gekitzelt hat, wird sie den Gästen aufgetischt. So war das auch beim Kloß-Dessert mit pflaumenmusiger Füllung.

Wie dem auch sei: Es liegt also im Auge des Betrachters, ob der „Löwe“ ein Hotel mit Brauhaus oder eine urige Braugasthof mit herrlich herzlicher Herberge ist. In 81 Zimmern kann man sich zur Ruhe betten.

Jedoch, wer dies tut, ohne sich vorher ein „Apotheker-Dunkel“ zu genehmigen oder die unendlichen Weiten des kulinarischen Universums von Magier Luhn zu ergründen, der hat was verpasst – das Beste in Mühlhausen.

Denn eines ist klar wie Kloßbrühe: Wer in Mühlhausen ist, isst im „Brauhaus Zum Löwen“.

(Original des Textes, geschrieben für das Erlebnismagazin der Welterberegion Wartburg Hainich, Ausgabe 2-2014)

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