„Gothajský salam“ vs. „Kölsch Kaviar“

Als ich heute nach einem Terminchen durchs Städtchen trabte, kam mir ein Radler entgegen. Meiner ansichtig werdend, bremste er abrupt. Was mich wunderte, aber  meine Vorwärtsbewegung nicht hemmte. Erst beim zweiten Hinschauen und nachdem er mich bei meinem Namen nannte, erkannte ich ihn: Es war Klaus Exner, der Ex-Bürgermeister der Stadt Gotha.

Er habe mich eh mal anrufen wollen und jetzt treffe er mich zufällig, wie gut! Die Kolumne „Salam aleikum“ im „Oscar am Freitag“ (auch hier im Blog) habe es ihm angetan. Er wolle sich vergewissern, ob „Gothajský salam“ tatsächlich so furchtbar gewesen wäre … Unter gleichem Namen habe er in Martin, der slowakischen Partnerstadt Gotha, eher Wohlschmeckendes bekommen.

Das änderte aber leider nichts daran, dass dieses Zeugs in der tschechischen Bier-Metropole Plzeň absolut ungenießbar war.

Übrigens: „Gothajský salam“ mundete nicht nur mir nicht. Auch „Oscar“-Herausgeber, langjähriger Freund und Weggefährte zu frühen TA-Zeiten, Maik Schulz, hatte sie eher mit langen Zähnen angenommen. Korrekterweise: die Kolumne darüber.

Und während ich mit Klaus Exner noch über dies & jenes sprach, fiel mir mein zweitschlimmstes Essenserlebnis ein: Kölsch’ Kaviar.

Das hatten Tina und ich kennen gelernt, als wir Deutschlands Chef-Zyniker Harald Schmidt live erlebten. Himself live ist wirklich ein Vergnügen! Und allemal die Reise nach Köln wert.

Und dies, obwohl die Visite in Köln-Mühlheim, im legendären Studio 449, recht kurz ist: das öffentlich-rechtliche Schandmaul beschränkt die Audienz bei sich auf 45 Minuten und gewährt sie seinen Jüngern auch nur noch höchst selten.

Früher, beim „Unterschichtenfernsehen“ vom „Kuschelsender“ SAT1, war das anders. Da bekam er Quote, Werbeumsätze und Millionen. Heute sorgt für sein Auskommen der Gebührenzahler.

Und da Harald nicht an seinem Honorar sparen lassen will, macht er sich halt rar. Tja; Er ist eben bekennender Schwabe.

Zudem wird bereits gegen 19 Uhr aufgezeichnet. Harald wird alt, braucht seinen Schönheitsschlaf! Kurz vor 20 Uhr jedenfalls hatten wir den Meister hinter und den ganzen Abend in Köln vor uns.

Nach dem Check-in im Hotel in Köln-Deutz wusste ich: Kohl hatte recht. Wir haben blühenden Landschaften in Thüringen! Denn das Doppelzimmer inklusive Frühstück für 80 € bot Charme, Interieur und Geruch einer DDR-Jugendherberge aus den 60er Jahren, die man aus nostalgischen Gründen erhalten hatte. So was finden Touristen zwischen Eichsfeld und Eisfeld, zwischen Rhön und Altenburg nicht mehr …

EC-Karte, Mastercard, Visa oder American Express gingen deshalb auch nicht. „Nur Bares is Wahres …“, raspelte Lana mit Marlene-Dietrich-Timbre. Und ob ich eine Quittung benötige, warf die, weil in Zagreb geboren, korrekt „Swetlana“ heißende Hausherrin die Rabatt-Leimrute aus. Ich widerstand und schob die Scheine über den Tresen.

Weil wir eh nicht des Schlafens wegen nach Köln gekommen waren, verließen wir flugs Lanas Logierhaus und enterten das erstbeste Kölsch-Lokal um die und an der Ecke: Eine Kneipe, wie sie im Buche steht!

Kaum saßen wir auf altem Holzgestühl, von Generationen von Gesäßen glatt geschliffen, standen zwei klasse gekühlte und frisch gezapfte Kölsch vor und der dazugehörige Servier-Bursche neben uns. Essen wäre nicht so üppig heute, „weil, der Chef is krank …“

Kurzes Geplänkel – wir drohten wegen knurrendem Magen mit Rückzug. Das bewog dann doch die Chefin, den Tresenplatz aufzugeben, von dem sie die ganze Zeit bis dato lautstark sämtliche Gespräche im Rund steuerte, und kurz im Küchentrakt zu verschwinden.

Unsere Bedürfnisse waren schlicht: Tina wollte ihre „Bratis“ und ich eine regionale Besonderheit: eben jenes „Kölsch’ Kaviar“. Etwas mit Rotwurst und Brötchen sei das, hieß es.

Während ich noch wähnte, „Tote Oma“ zu bekommen, stand der Teller vor mir: Auf einer halbierten, kalten Rotwurst waren Zwiebelringe drapiert, wozu ein – wie sich erwies – staubtrockenes Roggenbrötchen gereicht wurde. Warum – um Gottes Willen – heißt das „Kaviar“?

Zehn Kölsch und zwei „Underberg“ später war mir das aber beim unvermeidlichen Schwatz mit echten Deutzern dann total (Blut-)Wurscht.

Aber seither kann ich mir vorstellen, warum die rheinischen Frohnaturen einmal im Jahr so die Sau rauslassen. Bei dem Essen kein Wunder!

Comment!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert