Aschenbrenner Media
Kurz vorm Valentinstag ein nettes Fundstück aus meinem Archiv: Christopher Schwarz fühlte für die „WirtschaftsWoche“ vor sechs Jahren Manfred Hassebrauck auf den Zahn und fragte: „Macht Geld sexy?“
Der Mann, Jahrgang 1953, ist Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpsychologie in Wuppertal. Er veröffentlichte mit Beate Küpper das Buch „Warum wir aufeinander fliegen. Die Gesetze der Partnerwahl.“
Herr Professor Hassebrauck, macht Geld sexy?
Kommt drauf an. Dass jemand sexy aussieht, lässt sich nicht allein an objektiv sichtbaren Merkmalen festmachen. Da spielt auch Sympathie eine wichtige Rolle. Wenn Status und Geld sympathischer machen, wirkt sich das auch auf meine Wahrnehmung aus. Insofern macht Geld sexy …
… und beeinflusst damit die Partnerwahl?
Sicher. Befragungen von Männern und Frauen, auch Analysen von Bekanntschafts- und Heiratsanzeigen ergeben ein relativ konsistentes Grundmuster: Männer achten mehr auf das Aussehen, Frauen mehr auf materielle Aspekte wie Status und Geld.
Warum ist das so?
In der Forschung werden zwei Perspektiven diskutiert: Einmal die Theorie der strukturellen Machtlosigkeit, nach der Frauen trotz Gleichberechtigung immer noch benachteiligt sind – Frauen erkaufen sich auf dem Partnermarkt Zugang zu positiv bewerteten Ressourcen wie Geld und Status durch das Anbieten von Schönheit. Allerdings kann man damit nicht erklären, warum Männer primär auf das Aussehen achten. Auch dürften nach dieser Theorie materielle Aspekte für Frauen nicht wichtig sein, wenn sie eine hohe Position besetzen. Dennoch: Je höher der Status der Frauen, desto höher soll auch der Status ihrer Partner sein. Für die Evolutionspsychologie ist das ein Hinweis darauf, dass fest verankerte psychologische Programme unsere Partnerwahl steuern.
Der Chefarzt heiratet die Krankenschwester, aber die Chefärztin nicht den Krankenpfleger?
Exakt, was aber nicht ausschließt, dass die Chefärztin eine Affäre mit dem Krankenpfleger hat. Doch wenn es darum geht, einen Mann für eine langfristige Beziehung zu finden, dann entscheiden sich Frauen für den Status. Das Grundmuster ist überall gleich, von den Indianerstämmen am Amazonas bis zu den Industrieländern: Männern ist das Aussehen wichtiger, Frauen präferieren Sicherheitsaspekte.
Wo bleibt da die Liebe?
In den westlichen Ländern ist Verliebtsein die Conditio sine qua non für das Heiraten. Doch in Pakistan oder Indien etwa können sich die Frauen den Luxus romantisch zu sein weniger leisten als die Männer. Deshalb sind sie bei der Partnerwahl realistischer und verzichten zuweilen auf die Liebe …
… wie früher unsere Urgroßmütter?
Der Pragmatismus der Frauen lässt sich über Jahrtausende zurückverfolgen: Die Konsequenzen der Paarbildung sind für Frauen erheblich gravierender als für Männer – gerade bei Fehlentscheidungen. Wenn Frauen an den Falschen geraten und schwanger werden, sitzen sie in der Patsche. Darum sind sie bei der Partnerwahl viel selektiver: Sie wollen ein paar Informationen haben, bevor sie mit einem Mann ins Bett gehen, auch bei One-Night-Stands. Männer sind da weniger wählerisch. Sogar wenn Frauen mit einer stabilen Beziehung fremdgehen, versuchen sie sich zu verbessern.
Der Mechaniker hätte also keine Chance?
Doch – aber nur, wenn er physisch attraktiver ist. Wir bezeichnen dieses Verhalten als genetischen Einkaufsbummel der Frauen.
Wie bitte?
Frauen können sich durchs Fremdgehen einen reproduktiven Vorteil sichern, wenn sie für ihre Kinder einen morphologisch hochwertigen Vater auswählen: Der vererbt das Aussehen auf die Kinder, die haben dadurch bessere Chancen auf dem Partnermarkt und materiell versorgt werden sie vom offiziellen Vater, weil er glaubt, es seien die eigenen.
Zählt Intelligenz auch zu den genetischen Vorteilen?
Ja, aber der IQ steht den Männern nicht auf die Stirn geschrieben. Frauen suchen bei der Partnerwahl instinktiv nach Merkmalen, die auf Intelligenz schließen lassen. Das sind dann genau die Merkmale, bei denen Männer versuchen, sich bei Frauen in ein möglichst gutes Licht zu setzen. Männer prahlen mit einem Status, den sie nicht haben, indem sie sich dicke Autos auf Kredit kaufen. Der Gipfel dieses demonstrativen Konsums ist das Schenken von Schmuck. Warum schenkt der Mann einen Verlobungsring und keine Waschmaschine? Weil der Ring der Inbegriff der Nutzlosigkeit ist. Damit kann der Mann zeigen: So viel bist du mir wert – zwei Monatsgehälter.
Und wo mogeln die Frauen?
Vor allem beim Aussehen. Sie schminken sich. Weil sie wissen, worauf Männer Wert legen, machen sie sich jünger und hübscher, indem sie körperbetonte Kleidung tragen, notfalls auch körperverhüllende.
Das kann ein ziemlich gnadenloses Spiel sein für die, die nicht so schön sind?
Sicher, der Partnermarkt beruht wie alle Märkte auf dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage. Nicht alle können sich das Beste leisten, man muss schon einiges in die Waagschale werfen, um eine schöne und intelligente Frau zu ergattern. Zumal der Partnermarkt immer mit einer gewissen Rückweisungswahrscheinlichkeit verbunden ist. Damit werden wir zum ersten Mal in der Pubertät konfrontiert. Mal kriegen wir einen Korb, mal nicht. Auf diese Weise entwickeln wir sukzessive ein Gefühl für unseren sozialen Wert.
Und was macht der, der leer ausgeht?
Der muss seine Ansprüche zurücknehmen, andernfalls leidet sein Selbstwertgefühl. Menschen, die ihren Marktwert realistisch einschätzen, haben letztlich mehr Erfolge. So ergibt sich das, was man in der Forschung Matching nennt: ein relatives Gleichgewicht der Partner im Hinblick auf ihren sozialen Wert.
Erkennt man den intuitiv?
Schon, aber nicht auf Anhieb. Wir versuchen immer, andere zu taxieren, das Aussehen ist der Eingangsfilter. Da fallen möglicherweise viele durchs Raster, die eine Menge positiver Eigenschaften haben, aber wenig Chancen, sie zu demonstrieren.
Es gibt das Klischee von der jungen Frau, die den reichen alten Sack heiratet. Warum funktioniert das nicht umgekehrt?
Aus zwei Gründen: Erstens kann auch der alte Sack im Prinzip noch Kinder zeugen – die reiche alte Frau aber nicht mehr. Frauen, die einen älteren Partner wählen, haben also keinen reproduktiven Nachteil, Männer im umgekehrten Fall schon. Außerdem haben Status und Geld meist mit Alter zu tun: Ein 25-Jähriger hat weniger Status und Geld als ein 40-Jähriger. Deshalb wird die 25-Jährige eher jemanden heiraten, der älter ist als sie.
Steht das nicht im Widerspruch zu Ihrer Gleichgewichtstheorie?
Überhaupt nicht, die Frauen haben ja etwas zu bieten: das rare Gut Gebärfähigkeit, das eng ans Alter gebunden ist. Deshalb gewinnt auch der Mann etwas, der eine Jüngere heiratet: Er gewinnt die Fertilität.
Die 50-Jährige ist nicht attraktiv für ihn?
Weniger.
Stehen Schönheit und Attraktivität also im Dienst der Evolution?
Natürlich. Was Männer bei Frauen als schön empfinden, setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Gesundheit, Jugendlichkeit und sexuelle Reife. Wenn wir sagen, eine Frau sei schön, meinen wir eigentlich: Die ist geeignet, Kinder auszutragen. Und als schön empfinden Männer üblicherweise Frauen, bei denen das Taille-Hüfte-Verhältnis 0,7 beträgt. Auch dieses Verhältnis sagt etwas über den potenziellen Fortpflanzungserfolg aus.
Und was finden Frauen an Männern schön?
Das lässt sich weniger an objektiv messbaren Merkmalen festmachen – übrigens einer der Gründe, weshalb die Meinungen der Frauen über männliche Schönheit so weit auseinander gehen. Gesundheit gilt als schön, aber dann hört es schon auf. Auch Merkmale, die auf Durchsetzungskraft schließen lassen, spielen eine Rolle, aber nicht allein. Die Kombination typisch maskuliner Merkmale mit kindlichen Zügen wirkt auf Frauen besonders attraktiv: Typen wie Paul McCartney oder Hugh Grant.
Achten Frauen mit großem Männerkonsum eher auf männliche Schönheit?
Ja – aber es gibt im Hinblick auf sexuelle Freizügigkeit große Unterschiede zwischen Männern und Frauen. In 52 verschiedenen Ländern auf sechs Kontinenten wurden Männer und Frauen danach gefragt, wie viele Sexualpartner sie sich für das nächste Jahr wünschen: Die Angaben der Männer lagen dramatisch über denen der Frauen.
Wie erklären Sie sich diese Unterschiede?
Für Männer kann es ein Reproduktionsvorteil sein, möglichst viele Frauen zu schwängern, ohne viel investieren zu müssen.
Wollen Sie damit die sexuelle Libertinage der Männer legitimieren?
Nein. Die Frauen sind die Wählenden. Das ist einer der Gründe, warum Männer so viel Energie in Ruhm und Status investieren. Auch Kultur hat sich entwickelt, weil die Männer den Frauen imponieren wollten. Wenn wir in einer Gesellschaft mit viermal so vielen Frauen wie Männern leben würden, gäbe es kein Imponiergehabe …
… und die Erde wäre wüst und leer …
… jedenfalls nicht so weit entwickelt, wie sie es heute ist.
Denken Männer mehr an Sex als Frauen?
Erheblich mehr. Und sie neigen dazu, ihre Umwelt zu sexualisieren. Sie sehen sexuelle Hinweisreize der Frauen, die diese gar nicht aussenden: Schon ein neues Kleid kann sie veranlassen, sexuelles Interesse zu unterstellen, das gar nicht vorhanden ist.
Woran denken Frauen?
Frauen sehen den Mann unbewusst in der Rolle des Versorgers, sie suchen nach Hinweisen, die die Ernsthaftigkeit seiner Absichten untermauern. Frauen sind auch viel präziser als Männer, wenn es darum geht, ihren Wunschpartner zu beschreiben. Männer sagen immer dasselbe: erotisch, attraktiv, hübsch, aufregend. Frauen nennen heterogene Eigenschaften: intelligent, verständnisvoll, verantwortungsbewusst, kommunikativ, vielseitig interessiert, gebildet.
Sind Männer einfacher gestrickt?
Sie sind bei der Partnerwahl zu schnelleren Entscheidungen bereit. Frauen sind differenzierter. Sie sind auch genauer, wenn es um die Entschlüsselung nonverbaler Signale geht. Wenn Frauen ihre Beziehung bewerten, dann tun sie das anhand präziser Fragen: Wie oft reden wir miteinander? Unterstützen wir uns? Bleibt meine Unabhängigkeit bewahrt? Bei Männern hingegen gibt es statistisch keinen Zusammenhang zwischen Beziehungsideal und -realität. Wenn sie sich auf konkrete Aspekte beziehen, dann auf Kriterien wie Spaß, Sex oder Hobbys. Bei Frauen spielen Gegenseitigkeit, Verlässlichkeit und Intimität im emotionalen Sinn eine viel größere Rolle.
Welche Rolle spielt dabei das Alter?
Mit zunehmendem Alter der Männer wird die Wunschpartnerin immer jünger – der 45-Jährige hätte am liebsten eine 20-Jährige, konzentriert sich bei halbwegs realistischer Einschätzung aber auf die 35-Jährige. Anders bei den Frauen: Auch die 50-Jährige, die wieder heiratet, wird mit großer Wahrscheinlichkeit jemanden heiraten, der älter ist. Durchschnittlich sind Frauen dreieinhalb Jahre jünger als ihre Männer – unabhängig vom eigenen Alter.
Findet die Akademikerin, die auf Status achtet, schwerer einen Mann als die Sekretärin?
Nein, das Feld der Verfügbaren ist immer noch groß genug. Schwierig wird es allerdings für Frauen in Toppositionen, weil viele Männer Angst vor erfolgreichen Frauen haben – zumindest die Männer, die in der Hierarchie unter der Frau stehen. Es wird immer noch mit Erstaunen registriert, dass eine Frau jemanden heiratet, der statusmäßig unter ihr steht.
Gibt es keine Hinweise dafür, dass Männer das Geld der Frauen reizt?
Im Gegenteil. Analysen von Heiratsanzeigen zeigen, dass das Grundmuster erschreckend einfach ist: Es sind in aller Regel die Männer, die sich in Termini von Geld und Status beschreiben.
Und wann ändert sich das?
Wenn es sich wirklich um Relikte einer evolutionären Entwicklung handelt, dann kann es noch ewig dauern. Ändern kann sich unsere Definition von Status. Der Adelstitel etwa macht heute längst nicht mehr so viel her wie noch vor 100 Jahren.
Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq schreibt in seinem Roman „Elementarteilchen“: „Die Frauen waren einfach besser als die Männer. Sie waren zärtlicher, liebevoller, mitfühlender; sie neigten weniger zu Gewalttätigkeit, Egoismus, Selbstbehauptung, Grausamkeit. Außerdem waren sie vernünftiger, intelligenter und fleißiger.“ Richtig?
Richtig. Genau so ist es.
08.02.2011
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11.02.2011
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