Oscar-Kolumne: Mein Hamster bohnert…

Montag im „Fressnapf“. Plötzlich gab’s keine Hamster mehr. Sie wurden aber nicht abgeschoben. Noch gilt die Türkei als sicherer Drittstaat. Syrien wohl eher kaum. Aber von dort und aus Erdoğanistan stammen die knuddeligen Pausbäckchen ursprünglich.

Alles begann mit einer Misere im Hause de Maizière: Im Bundesinnenministerium fand man ein 25 Jahre altes Konzept. Eines zum Schutz vor Katastrophen. Damit nahm eine solche ihren Lauf.

Papier mit so viel Patina passt nicht ins „Neuland“, beschloss 2012 der Bundestag. Das historische Dokument bekam ein Facelift. Solch Geist- und Buchstabencheck braucht Zeit. Vier Jahre nach dem „Go!“ gab es Anfang August erste Details. Doch in den Euphorie-Wogen der Olympischen Spielen ging diese Meldung unter.

Jetzt war der „Frankfurter Allgemeinen Sonntags-Zeitung“ (FAS) das Konzept noch einmal Zeilen wert, weil es diesen Mittwoch Merkels Kabinett beschäftigen sollte. Demnach werde u. a. Bundesbürger geraten, eine eiserne Reserve anzulegen. Holz und Kohlen, Kerzen und Zündhölzer, Mineralwasser und warme Decken, Dosen-Ravioli und Batterien zu horten. Bargeld auch.

Die FAS erscheint sonntags. Da ist die Nachrichtenlage dürftig. Erst recht jetzt, da der Sommer in seinem Loch hockt und nun auch Rio in Rio ist.

Möglich, dass ein Praktikant bei der Nachrichtenagentur dpa „Katastrophe“ las und daher die FAS-Zeilen mit höchster Priorität verteilte. Prompt sprangen jedenfalls Sonntagsdienste im ganzen Land über dieses Stöckchen. Katastrophen kommen halt gut. Selbst der „Tagesschau“ war dies eine Meldung wert: Wenn’s die FAS geschrieben hat, wie’s die Agenturen berichtet haben, wird’s schon stimmen.

Sah man auch bei der MGT in Erfurt so. Online first – und man konnte schon einmal mit Klickzahlen klotzen. Hier stand allerdings unterm Beitrag, er sei ein Produkt der „ZGT“ – also jener „Zeitungsgruppe Thüringen“, deren Widergänger sich nun „Mediengruppe Thüringen“ nennt und unlängst eine Qualitätsoffensive verhieß.

Ich kann’s nicht lassen, auch wenn ich schon seit 18 Jahren nicht mehr bei der TA bin: Ich bat also einen diensthabenden Verantwortlichen um Auskunft. Wollte wissen, wie sie es in Bindersleben mit der journalistischen Sorgfaltspflicht, der zweiten Quelle und der Gegenrecherche, dem Erläutern des Hintergrunds und mit dem Urheberrecht so halten. Zugegeben – alles so’n oller Kram von früher, als ich meine journalistische Grundausbildung erhielt.

Die Offenherzigkeit der Antwort war atemberaubend: „, ZGT’ wird vom System automatisch gesetzt, aber das ist unwichtig, weil sich außer Ihnen und anderen Insidern niemand dafür interessiert.“

Dieser Nachdruck des Nachdrucks vom Nachdruck fand übrigens am Montag den Weg in die Briefkästen der Abonnenten der TeeAhTeeEllZettOhTeeZett – der „DreiGleichen“, wie ich sie liebevoll nenne.

Ob’s ein Gerücht oder Realität: Im „Fressnapf“ in der Harjesstraße heißt es übrigens hinter vorgehaltener Hand, die Goldhamster hätten angesichts solch bejammernswerter journalistischer Professionalität Reißaus genommen.

Das muss stimmen. Das stand im „Postillon“.

(Kolumne, veröffentlicht im “Oscar am Freitag”, Ausgabe Gotha, am 26. August 2016)

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